Palo ist der ibizenkische Aperitif schlechthin, um vor dem Essen schon einmal den Appetit anzuregen. Der Likör kommt wieder in Mode – es gibt einen regelrechten Kult um den Wermut, der gerade sein Comeback feiert und viele echte Kenner zu seinen treuen Anhängern zählt.
Traditionell wird er im Likörglas oder im hohen, schmalen Glas gereicht, mit einer ausgepressten Zitronenscheibe, ein paar Eiswürfeln und zwei bis drei Tropfen Gin. Um ihn etwas milder zu machen, kann man auch Sodawasser, Limonade oder kohlensäurehaltiges Wasser hinzufügen. So wird der Drink weniger bitter, dafür umso süßlicher. Dieser Likör darf für die Ibizenker bei besonderen Gelegenheiten nicht fehlen, und auch die junge Generation entdeckt seinen Geschmack und den Genuss von traditionellen inseltypischen Getränken wieder.
Der Name Palo leitet sich von der Zutat Chinarinde (Spanisch „palo quina“) her, die ursprünglich aus Südamerika stammt und die in Spanien Bekanntheit erlangte, nachdem die peruanische Vizekönigin Gräfin Anna von Chinchón im Jahr 1638 in Lima an Malaria erkrankte und erfolgreich mit Chinarinde behandelt wurde. Bei ihrer Rückkehr nach Spanien brachte sie die Chinarinde mit, die daraufhin sehr populär wurde und sich auch in anderen Teilen Europas verbreitete.
Auf den Balearen gibt es zahlreiche sumpfige Küstenabschnitte, in denen sich Mücken, die Überträger von Fiebererkrankungen wie Malaria, besonders wohlfühlen. Daher erfreuten sich die Chinarinde und der Enzian, die von den Gewürzhändlern zusammen mit weiteren Fieberarzneien auf die Insel gebracht wurden, entsprechend großer Beliebtheit.
Mit der Zeit wollte man den bitteren Geschmack dieser Extrakte etwas abmildern und es wurden Konzentrate aus Traubenzucker, getrockneten Feigen oder Johannisbrot hinzugefügt. Zur Herstellung des Zuckerkonzentrats wurden die Extrakte erhitzt, bis der Zucker karamellisierte und eine dunkle Farbe annahm. Damit ließ sich die Bitterkeit des Gebräus gut überdecken.
Da dieser zuckrige Sirup allerdings auf Grund seiner schnellen Fermentierung eine recht begrenzte Haltbarkeit hatte, wurde schließlich Alkohol hinzugefügt. So wurde der Palo geboren, dessen Anteile von Chinarinde und Enzian im Laufe der Zeit immer geringer wurden, während der Alkohol- und Zuckeranteil sich erhöhte.
Es handelt sich beim Palo um eine dunkel gefärbte, dickflüssige Spirituose mit einem charakteristischen Aroma, das durch die Mazeration der Chinarinde und des Enzians in einem Alkohol-Wassergemisch sowie durch den hinzugefügten karamellisierten Zucker entsteht. Ein Getränk, das man sich bei einem Besuch auf der Insel auf keinen Fall entgehen lassen sollte – perfekt zu schmackhaften ibizenkischen Oliven oder Kartoffelchips.